Little Tease
Klappentext:
Little Tease ist der 4. Teil der Kinky Pleasure Reihe
Markus steckt in einer Sackgasse: Sein Liebesleben und der Job als Türsteher machen ihn nicht glücklich. Barkeeper und Sub Thies hätte das Potential, beides aufzuwerten, doch Markus hält ihn konsequent auf Abstand, obwohl Thies alles daran setzt, Markus‘ Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Als eines Abends Ralph ins SMack kommt, steht Markus‘ und Thies‘ Welt Kopf, denn der neue Dom macht ihnen ein erotisches Angebot, das sie nicht ablehnen können…
Print: EUR 14,95
Ebook: EUR 8,99
ISBN-13: 978-3-95823-120-7
ASIN: B078HSFM1M
Umfang: 548 Seiten
Publisher: Cursed Verlag
Erscheinungsdatum: 20.12.2017, Print im Januar 2018
Genre: BDSM, Erotik
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Auszug:
Wie ein dumpfer Herzschlag pulsiert der Bass eines House-Titels gegen die Fensterwand in meinem Rücken. Ich beobachte gelangweilt eine Plastiktüte, die vom Gehweg auf das feuchte Kopfsteinpflaster der Straße geweht wird, und hoffe darauf, dass jemand Bekanntes auftaucht, um mir ein wenig die Zeit zu vertreiben. Es ist eine der Nächte, in denen ich mich danach sehne, Teil des nächtlichen Geschehens zu sein und nicht nur Wächter und Beobachter.
Mit einem Schlag wird die Musik lauter. Die Tür neben mir öffnet sich und Rick tritt heraus. Er ist eben erst rein, das waren keine fünfzehn Minuten. Das übliche Spiel zwischen ihm und meinem Boss, Andy. Das heißt, eigentlich spielen die beiden nie im SMack. Andy kehrt die submissive Rolle, die er in ihrer Beziehung einnimmt, ungern nach außen, deshalb hält sich Rick selten lange im SMack auf. Es sei denn, ihm ist danach, Andys dominanten Neigungen nachzugeben, indem er ihnen einen Sub zum gemeinsamen Spielen sucht. Diese Subs nehmen sie wiederum nicht mit nach Hause.
»Hey, na?«, sage ich zu ihm. »Schon wieder auf dem Sprung?«
Ricks Mundwinkel heben sich zu einem müden Lächeln. »Langen Tag gehabt und morgen Früh die nächste Schicht. Ich wollte nur Andy abholen.«
»Glück gehabt damit?«
»Er zieht sich was an«, erklärt Rick und hebt die Augenbrauen. Der Blick seiner dunklen Augen wandert über meine zerrissenen Jeans. Bei den Nude-Partys sind sie für gewöhnlich mein einziges Kleidungsstück. Ein Kompromiss, da ich mich in meiner Position kaum nackt auf die Straße stellen kann.
»Ist dir nicht kalt?«, will er wissen. »Sind gerade mal zehn Grad.«
»Ach, geht für den Moment.« Ich reibe mir über die bloßen Oberarme. In der Tat ist es recht frisch. »Will nur kurz frische Luft schnappen. Geh gleich wieder in den Vorraum.«
Die Reaktion darauf ist ein Nicken. Ricks Blick wird von einer Bewegung am Tor eingefangen, wo es zum Lieferanteneingang des Clubs geht. Auch ich sehe in die Richtung und dort Andreas auftauchen. Lässig schlüpft er noch in seine Lederjacke, während er mit einem breiten Grinsen auf uns zukommt. Es weicht einem Stirnrunzeln, als er mich mustert.
»Ey, Markus, du frierst dir ja die Nippel ab«, spottet er nonchalant wie immer. »Geh lieber rein, bevor du noch krank wirst.«
Ich kann es nicht leiden, wenn man mir so was vorschreiben will, Boss hin oder her. Daher schnaufe ich unwillig und lehne mich wieder an das beklebte Fenster. »Gleich.«
»Alles okay?«, will Andreas leicht irritiert wissen.
Er ist im Umgang mit mir vorsichtiger geworden. Weil ich mit der Art, wie er den Laden führt, nicht ganz klargekommen bin, hätte ich beinahe gekündigt. Außerdem habe ich im besoffenen Zustand die Klappe zu weit aufgerissen und ihm eine Menge Ärger eingehandelt. Im Prinzip war es nur ein Missverständnis. Wir konnten es klären, er hat mir verziehen und ich verstehe ihn inzwischen besser. Dennoch läuft es immer noch nicht ganz rund zwischen uns.
Daher ist auch nicht alles okay. Wird es vermutlich niemals sein. Ich zucke mit den Schultern. »Mir ist langweilig.«
»Kein Grund zum Erfrieren«, stellt Andy fest. »Fuck, wieso tauschst du nicht mal mit Frankie-Boy? Kannst ihn drinnen ablösen und auch mal an die Tür stellen.«
Ich verziehe den Mund und blicke zu dem gegenüberliegenden Haus auf. Dort ist noch ein Fenster erleuchtet. »Keine Ahnung, klar, kann ich machen. Wobei, Typen ihre gebrauchten Kondome aufheben lassen, ist auch nicht so das Wahre. Da bleib ich lieber an der Tür.«
»Wie du meinst«, sagt Andreas. »War nur ’ne Idee. Ich meine, heute ist Frank da. Deine Chance.«
»Ich überleg’s mir«, verspreche ich. »Und nun sieh zu, ehe dich Rick mit Gewalt wegzerrt.«
Der wirkt bereits ungeduldig. Ich will nicht zwischen ihre Fronten geraten. Doch Andreas nimmt Ricks finsteren Blick gelassen auf und zwinkert mir zu, als er sich in Bewegung setzt. »Also dann, meld dich, wenn was ist.«
»Viel Spaß«, wünsche ich den beiden noch.
Rick nickt mir zu, ehe Andreas ihn verspielt anrempelt und die beiden sich auf den Weg in seine nahe gelegene Wohnung machen. Ich seufze leise, als ich ihnen nachsehe. Sie bilden ein merkwürdig harmonisches Paar, wenn man bedenkt, dass sie beide recht dominant und, abgesehen davon, ziemlich gegensätzlich sind.
Schließlich wird mir doch zu kalt und ich betrete wieder die schwüle Hitze des Clubs. Die Musik ist heute ohrenbetäubend laut. Durch den schwarzen Kunstledervorhang werfe ich einen Blick auf das Treiben. Nackte Leiber. Überall. Erneut regt sich in mir das Verlangen, mich zu ihnen zu gesellen. Aber als einer von ihnen. Nicht als Aufpasser.
Mein Blick sucht Frank. Nachdem er anfangs nur bei größeren Events ausgeholfen hat, arbeitet er seit Kurzem fest bei uns, aber nur am Freitag, an dem die Themenpartys stattfinden. Samstags mache ich die Security immer noch allein. Da ist der Kreis überschaubarer und die Gesichter vertrauter, nicht die Massen Unbekannter, die sich jetzt in meinem Sichtfeld vergnügen.
Endlich mache ich Frank aus. Er steht in der Nähe der Tanzfläche und behält mit konzentriertem Stirnrunzeln einen offenbar betrunkenen Gast im Auge, der sich nicht mehr hundertprozentig unter Kontrolle hat. Ich beneide ihn nicht darum. Auch wenn er mittendrin ist, es ist doch Arbeit. Jetzt, da der erste Ansturm vorbei ist, hat er sogar noch mehr zu tun als ich draußen.
Ich spüre einen kalten Zug im Nacken und drehe mich um. Ein neuer Gast. Ich kenne ihn vage vom Sehen. Typischer Ficksuchender Mitte dreißig. Kein Fetischist. Ich habe ihn zumindest noch nie an einem Samstag hier gesehen.
»Hey.« Mit einem spekulativen Grinsen reicht er mir den Eintrittspreis.
»Hi, willkommen«, grüße ich höflich zurück und lege das Geld in die Kasse, ehe ich ihm einen Stempel aufdrücke. Andreas hat mal über die Anschaffung eines Schwarzlicht-Stempels nachgedacht, doch dagegen haben Ingo und ich uns erfolgreich gewehrt. Ich habe kein Bock, die ganzen Flecken von sonst was zu sehen, mit denen die Gäste hier rein- und rausgehen.
»Viel los?«, will der Gast wissen.
»Ja, da findet sich bestimmt was für dich«, versichere ich ihm.
»Cool, danke.« Er zwinkert mir zu und verschwindet durch den Vorhang.
Ich sehe ihm nach, bis er in die Umkleide abbiegt, dann erlischt mein Interesse auch schon wieder. Noch einmal wandert mein Blick zu Frank. Inzwischen hat er eingegriffen und führt den Betrunkenen ebenfalls in Richtung Umkleidekabine. Es geht nicht ganz freiwillig vonstatten. Sieht aber nicht so aus, als bräuchte er Hilfe.
Nach kaum fünf Minuten bringt er den halbwegs angezogenen Gast in meine Richtung und setzt ihn mit dem freundlichen Rat, sich ein Taxi zu nehmen, vor die Tür. Erst dann wendet er sich zu mir um und verdreht die Augen. »Was für eine beschissene Nacht, ey. Die sind doch alle irre. Nur weil sie nackt sind, verlieren sie alle Hemmungen.«
»So ist es halt«, stimme ich zu und zucke mit den Schultern. »Sag Bescheid, wenn du Unterstützung brauchst.«
»Komm vielleicht drauf zurück.« Frank wirkt befangen, als er mich von der Seite mustert. »War hier sonst nicht so viel los oder wie hast du das vorher allein geschafft?«
»Ingo hatte ein Auge auf den Innenbereich und mich geholt, wenn sich wer danebenbenommen hat«, erkläre ich und nicke in Richtung Theke. »War aber nicht ideal. Bin froh, dass Andy dich endlich fest eingestellt hat.«
»Gut zu hören. Ich meine, ich will nicht, dass du denkst, ich würde dir den Job hier streitig machen.«
Darauf schüttle ich den Kopf. »Keine Sorge.«
Frank verschränkt die Arme vor seiner muskulösen Brust. Im Gegensatz zu mir trägt er ein schwarzes Shirt und normale Jeans. Damit fällt er aus dem Rahmen, was vermutlich beabsichtigt ist. So ist er als Security leicht erkennbar.
»Ich fühle mich wie ein Alien«, gesteht er mir jedoch.
»Dann zieh dich doch aus«, schlage ich belustigt vor.
»Das meine ich nicht.« Er runzelt leicht die Stirn, während er sich umschaut. »Ich meine, das ist eine normale Nacht für euch, verglichen zu sonst. Für mich ist das hier schon ausgefallen. Mir fehlt noch dein Blick dafür. Wenn ich sehe, wie ein Typ den anderen packt und mit sich zerrt, bin ich in Alarmbereitschaft und hier ist es meistens nur Vorspiel.«
»Kommt mit der Zeit«, versichere ich ihm.
»Meinst du?«, will er wissen. »Auch, wenn ich selbst nicht so ticke?«
»Bestimmt.«
»Was ist mit dir?«, will Frank wissen und sein Blick wandert zu meinen gepiercten Brustwarzen. »Ist das nur ein Job oder stehst du auch auf die härteren Spielarten?«
»Letzteres«, antworte ich, habe aber keine Lust, mich zu erklären.
»Schon immer?«, hakt Frank nach. »Oder hast du erst damit angefangen, seit du hier arbeitest?«
Ich versuche, nicht zu lachen. »Angst, dass du selbst einen Kink entwickelst?«
»Nein, Unsinn, nur so«, behauptet Frank rasch. »Also?«
»Die Umgebung färbt manchmal etwas ab, aber die Neigung hatte ich schon immer«, erkläre ich schlicht. »Keine Angst, du wachst nicht eines Morgens auf und hast Bock drauf, jemandem den Arsch zu versohlen. Aber es kommt vor, dass dich hier Dinge anmachen, die du dann mal selbst ausprobieren möchtest.«
Frank nickt und blickt Richtung Theke. »Ich bin der Einzige, der hier arbeitet und noch nicht sonderlich viele Berührungspunkte mit der Szene hatte, oder?«
»Hm, ja, Ingo arbeitet hier ja schon seit Anfang an. Auch wenn er in den letzten Jahren weniger aktiv in der Szene ist.«
»Was ist mit Thies?«
Mein Blick wandert ebenfalls zur Theke. »Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Er ist devot. Aber so jung wie er ist, wird er noch nicht so viel Erfahrung haben.«
Frank runzelt die Stirn. »Ich dachte, er ist dreiundzwanzig.«
Eben. Ich zucke mit den Schultern. Die Tür geht auf und Karsten tritt ein, ein guter Freund von mir. Wir begrüßen uns mit Handschlag. Normalerweise würde ich ihn ohne Eintritt einlassen, doch Frank steht immer noch neben mir und vor ihm mag ich diese Gefälligkeiten nicht tun. Karsten erwartet sie auch nicht und reicht mir die fünf Euro.
»Jemand da, den man kennt?«, will Karsten wissen.
»Einige«, antworte ich. »Malte tobt irgendwo auf der Tanzfläche rum.«
»Hm, mir ist heute nicht nach der kleinen Schlampe, eher nach einer guten Unterhaltung«, entgegnet Karsten. »Joachim da?«
»Nein, wüsste auch nicht, dass er vorhat, zu kommen.«
»Andy?«
»Schon weg. Rick hat ihn abgeholt.«
Karsten nickt. »Und du? Viel zu tun? Oder hast du Zeit für ein Bier?«
Ich sehe zu Frank, doch der hat uns über die Musik nicht verstehen können und deutet mir an, dass er sich wieder um den Innenraum kümmern wird. Daher meine ich zu Karsten: »Klar, der große Ansturm ist vorbei. Aber ich muss hierbleiben.«
»Kein Ding, ich hol uns das Bier her.« Karstens Blick wandert zur Theke und ein Grinsen stiehlt sich auf seine Züge. »Bis gleich.«
»Ja, bis gleich.«
Er geht direkt zur Bar und zieht sich auf dem Weg dorthin das Shirt über den Kopf. Er hat einen attraktiven Körper und erntet einige interessierte Blicke. Doch er ist bekannt dafür, dass er sich die Typen lieber selbst aussucht, und wird selten angesprochen.
An der Bar lehnt er sich an einen der Hocker und schält sich aus seiner Hose, ohne die Schuhe dafür auszuziehen. Sie ist weit genug, auch wenn es etwas ungelenk wirkt. Es macht nichts. Der Striptease wird dennoch lüstern beobachtet.
Schließlich reicht Karsten die ausgezogenen Kleidungsstücke über die Theke zu Thies und ruft ihm etwas zu. Mit einem Nicken deutet er in meine Richtung. Sofort ruckt Thies Kopf zu mir herum. Er schenkt mir ein Lächeln. Ich nicke knapp und verschwinde in den Vorraum.
Kurze Zeit später kehrt Karsten zurück. Er reicht mir das versprochene Bier und macht ein enttäuschtes Gesicht. Als ich ihn darauf anspreche, erklärt er: »Eigentlich hatte ich gehofft, dass Thies es uns bringt, aber Ingo lässt ihn nicht weg.«
»Zu viel los für solche Spielchen.«
Karsten nickt. »Ich hasse die Freitage hier.«
»Wieso bist du dann gekommen?«
»Natürlich nur, um dich zu sehen, Mensch«, spottet er. »Vielleicht auch, um mir später was zum Ficken zu suchen. Dann bin ich morgen entspannter, wenn ich mich mit meinem Sub treffe.«
»Mit wem?«, hake ich nach. »Hast du jemand Neues?«
»Eine Internetbekanntschaft«, erklärt Karsten. »Ich chatte schon eine Weile mit ihm, aber er wohnt nicht in Hamburg. Morgen kommt er zum ersten Mal her. Ich habe mir was Nettes für ihn ausgedacht.«
»So? Was denn?«
Karsten lächelt selbstzufrieden und erklärt mir kurz, worauf der Sub steht und was er für ihre erste, reale Session geplant hat. Es ist recht unspektakulär für unsere Verhältnisse, aber ich weiß, dass Karsten es schon interessant gestalten wird. Er hat einen guten Ruf, die Subs mögen ihn. Außerdem weiß er sich anscheinend immer zu steigern.
Ich weiß nicht, wo seine Grenzen liegen oder ob sie überhaupt existieren. Bisher hat noch kein Sub so lange durchgehalten, beziehungsweise meistens hat Karsten das Interesse an ihnen verloren, ehe sie dort angekommen sind. Er ist nicht der Typ für ernste Beziehungen. Beruhigend, dass ich damit nicht alleine bin.
»Woher kommt er?«, will ich wissen.
»Nähe Flensburg«, erklärt er. »Irgendein kleines Dorf. Ich denke nicht, dass er viel Erfahrung hat. Im Chat ist er ziemlich frech und er hat mir Bilder von sich geschickt, aber mal schauen, wie mutig er in der Realität ist.«
»Hm, viel Spaß, klingt zumindest so, als würdest du ihn haben.«
»Und bei dir?«, hakt Karsten nach. »Gibt’s was Neues?«
Ich schüttle den Kopf. »Grade ist mir nicht danach.«
»Alles okay?«, hakt er nach. »Ich kann mich nicht dran erinnern, wann du das letzte Mal jemand hattest.«
Das Schlimme ist: ich mich auch nicht. Wahrscheinlich ist es schon vier Monate her oder länger. Um einen anderen Menschen zu dominieren und für ihn während der Session die Verantwortung zu tragen, muss man eine stabile Psyche haben. Kontrolle über sich selbst, noch mehr als über den Sub. In letzter Zeit fühle ich mich nicht so, als hätte ich mein Leben wirklich unter Kontrolle. Ich kann mir in diesem Zustand nicht trauen und ich will es auch niemand anderem zumuten.
»Alles okay«, behaupte ich dennoch. »Keine Ahnung, ist vielleicht der zusätzliche Job. Wenn das SMack dichtmacht, bin ich meistens zu müde, um noch jemand mitzunehmen.«
»Hast du nicht auch irgendwann mal frei?«, hakt Karsten nach.
Ich zucke mit den Schultern. »Nicht oft.«
Karsten nimmt einen tiefen Schluck von seinem Bier und mustert mich über den Rand seines Glases hinweg. Dann setzt er ab und schüttelt den Kopf. »Verdienst du so gut bei deinem Cousin?«
»Kann nicht meckern.«
»Aber du machst nur die Security, oder?«
Ich hebe die Mundwinkel zu einem freudlosen Lächeln. »Ich eigne mich nicht zum Zuhälter, Karsten. Kann den Mädels nicht bieten, was sie wollen.«
»Solltest froh sein.« Karsten blickt nachdenklich auf sein Bier, dann mir eindringlich in die Augen. »Bleib bloß sauber, Mann.«
Ich klopfe ihm beruhigend auf die Schulter. »Mach dir keine Gedanken.«
Es ist nicht so, als hätte ich nicht schon darüber nachgedacht, tiefer in die Geschäfte meines Cousins einzusteigen. Es gibt entsprechende Angebote. Doch im Prinzip eigne ich mich für keines davon. Bisher beschränke ich mich daher auf die Security-Aufgaben für sein Kasino. Letztlich ist das der Ort, an dem die Gelder zusammenfließen und die meisten Reibungen mit bestehenden anderen Gruppierungen aus dem Milieu entstehen.
»Mann«, seufzt Karsten, kommt aber nicht weiter, denn die Tür öffnet sich.
Ich unterdrücke ein Seufzen und reiche Karsten mein Bier, ehe ich mich von der Wand abstoße und dem Jungen den Weg versperre. »Perso dabei?«
Wahrscheinlich überrage ich ihn um gut zwanzig Zentimeter. Er ist schmal gebaut und hat ein ganz passables Gesicht, aber noch nicht mal richtigen Bartwuchs. Seine Augen blicken nervös zu mir auf. Sein Mund verzieht sich zu etwas, das wohl ein gewinnendes Lächeln sein soll.
»Na-natürlich.« Hastig tastet er über seine Jeans, angelt sein Portemonnaie hervor und hält mir dann mit unruhigen Fingern einen abgewetzten Personalausweis unter die Nase.
Neunzehn. Ich verbeiße mir ein Schmunzeln und hebe eine Augenbraue, als ich ihn wieder ansehe. »Und du weißt, was das hier für ein Laden ist?«
Er nickt rasch.
»Ach ja?« Ich ziehe den Vorhang beiseite, damit er einen Eindruck bekommt, bleibe jedoch vor ihm stehen. »Sicher, dass du nicht noch so zwei bis drei Jahre warten willst?«
Sein Blick richtet sich neugierig unter meinem Arm hindurch. Sofort erhitzen sich seine Wangen und er tritt eingeschüchtert einen Schritt zurück. Damit steht mein Entschluss fest: Der Junge kommt hier nicht rein. Ich lasse den Vorhang wieder zurückgleiten und sehe ihn möglichst freundlich an. »Hier sind überwiegend alte Säcke, Kleiner. Ich bin mir sicher, dass du ihnen gefallen würdest, aber sie dir wahrscheinlich weniger. Wieso kommst du nicht einfach nächsten Freitag mit einem Freund wieder? Da haben die alten Säcke wenigstens was an.«
Er schluckt, senkt niedergeschlagen den Blick und nickt. »Okay, und dann lässt du mich rein?«
»Na klar«, verspreche ich, obwohl ich nicht glaube, dass er noch mal wiederkommt. Zumindest nicht nächste Woche. »Wenn du das wirklich willst, lass ich dich auch heute rein. Aber glaub mir, das willst du nicht.«
»Okay.« Er nickt und wendet sich zur Tür. »Dann bis nächste Woche.«
»Freu mich drauf!«, ruf ich ihm hinterher. Als sich die Tür hinter ihm schließt, wende ich mich an Karsten. »Die Jugend heutzutage.«
»Du bist ein Spielverderber, Markus«, stellt der fest. »Wieso lässt du ihn nicht rein und seine eigenen Erfahrungen machen?«
»Der Junge war erst neunzehn, Karsten.«
»Na und? Gibt doch auch genug junge Typen hier.«
»Das Durchschnittsalter liegt bei knapp über dreißig«, entgegne ich. »Das ist zu alt für einen, der erst süße neunzehn ist.«
»Gibt auch genug, die erst Anfang zwanzig sind.«
»Die können sich aber auch wehren oder stehen auf Daddys«, entgegne ich. »Der kleine Spatz eben? Dem wird schneller ein Schwanz irgendwohin geschoben, als er gucken kann. Und glaub mir, das würde ihm nicht gefallen.«
Karsten lacht bei der Vorstellung auf. »So schlimm sind wir nun auch nicht.«
»Du vielleicht nicht, aber frag mal Frank, was der heute schon alles erlebt hat.«
»Du eignest dich wirklich nicht zum Zuhälter, Markus.« Karsten gibt mir mein Bier zurück und klopft mir auf die Schulter. »Womit wir wieder beim Thema wären: Ernsthaft, Mann, pass auf, dass dich dein Cousin nicht mit in den Dreck zieht.«
»So ist er nicht.« Ich bereue, dass ich Karsten ins Vertrauen gezogen habe, als ich über das Angebot meines Cousins nachgedacht habe.
Dario ist vielleicht in ein paar krumme Sachen verwickelt, aber er würde mich nie ins Messer laufen lassen. Er ist Familie und das ist ihm viel wert. Dafür sorgt das italienische Blut in unseren Adern, auch wenn wir beide in Deutschland geboren und aufgewachsen sind.
»Vielleicht nicht absichtlich«, entgegnet Karsten. »Aber wenn man im Dreck wühlt, lässt es sich nicht vermeiden, dass die Umstehenden auch Spritzer davon abbekommen.«
»Zu poetisch für mich.«
Zum Glück geht die Tür ein weiteres Mal auf und hindert Karsten daran, das Gespräch weiter zu vertiefen. Ein Stammgast. Ich tausche ein paar Nettigkeiten mit ihm aus, ehe er weitergeht. Danach wechsle ich das Thema.