Sex, Erotik & Sprache

Gestern bin ich in einem Forum, nennen wir es mal ff.de, auf eine Diskussion zum Thema „Sexszenen“ gestoßen, die mich noch etwas länger beschäftigt hat. Zugegeben, ich habe nicht alle Beiträge gelesen, das war mir bei 22 Seiten etwas zu viel … Daher hatte ich auch keine Lust mich einzumischen, denn es waren sicherlich schon genug gute Tipps dabei. Und ich habe die Weisheit ja auch nicht mit Löffeln gefressen.

Was ich eher fragwürdig fand, waren die „Verbote“, wie zum Beispiel der Rat, Jungfrauen sollten darauf verzichten Sexszenen zu schreiben. Das fand ich ziemlich daneben.

Dürfen Leute, die noch nie im Weltraum waren, dann auch kein SciFi mehr schreiben? Okay, vielleicht ein zu krasses Beispiel, da SciFi wie der Name schon sagt reine Fiktion ist. … Oder auch nicht, nein, kein zu krasses Beispiel: denn Sexszenen in Erzählungen, so gut ihnen ein bisschen Realismus auch tut, sind dennoch Fiktion und gute Sexszenen sind für mich nicht die, die super realistisch sind, sondern die, die Gefühle und Leidenschaft vermitteln. Ehrlich gesagt, finde ich persönlich, dass ich als jungfräulicher Teenie schöneren Sex beschrieben habe, als nach meinem ein wenig desillusionierenden Ersten Mal.

Und jetzt beschreibe ich Sex zwischen Männern.

Natürlich sollte man recherchieren, wenn man selbst keine Erfahrungen hat, aber Sex … So kompliziert ist das nicht. Da reicht es durchaus aus, im Biologieunterricht aufgepasst zu haben. Wichtiger als der Akt an sich, ist doch das, was es mit den Charakteren macht.

Ein weiteres Thema im Forum war die Wortwahl. Man sollte auf obszöne Begrifflichkeiten oder zu malerische Synonyme verzichten. Ja, okay, sehe ich auch so. Eine Fleischpeitsche finde ich nicht erotisch, mir will auch kein Kontext einfallen, der dies ändern könnte.

Aber da gibt es noch andere Begriffe – z.B. der berüchtigte Schwanz –, da scheiden sich die Geister, ob man das böse Wort benutzen darf oder ob man die Altersbegrenzung dann gleich noch mal 10 Jahre höher ansetzen sollte.

Ich weiß nicht, ich schreibe ja recht gerne erotische Szenen. Daher habe ich mir darüber theoretisch auch schon viele Gedanken gemacht. Praktisch, ehrlich gesagt weniger. Wenn ich eine erotische Szene schreibe, mache ich mir über so etwas inzwischen gar keine Gedanken mehr. Das machen dann in dem Moment die Charaktere für mich. Man sollte nur darauf achten, welche Wörter sie beim Sex benutzen würden und welche nicht, um eine stimmige Atmosphäre zu schaffen.

Wenn es sich zwei derbe gay pigs handelt, dann ist das Wort Schwanz völlig okay und es wird keinen Leser stören, weil es zu dem Sex der beiden passt. Es wird nicht mal auffallen.

Wenn es ein zartbesaitetes Mädchen ist, das zum ersten Mal Intimitäten mit einer anderen Person erlebt, würde ich ganz und gar vermeiden das da unten zu benennen.

Gegenbeispiele, bei denen es für mich selten passt: „Plündern der Mundhöhle“ anstatt vom Küssen zu sprechen, oder was ich schon häufiger gelesen habe: „… sich gegenseitig der Klippe der Erlösung entgegen peitschen.“  Mir fallen einfach kaum Charaktere ein, zu denen solche Phrasen wirklich passen, außer vielleicht einem Pirat und einem Sklavenhalter.

Was für mich schöne Sexszenen kaputt macht, ist demnach fehlende Authentizität. Und sie fehlt nicht dadurch, dass der Autor selbst zu wenig sexuelle Erfahrungen gemacht hat. Sie fehlt dadurch, dass eine Sprache benutzt wird, die nicht zu dem Geschehen passt.