Suboptimal

Klappentext:

Suboptimal ist der 2. Teil der Kinky Pleasure Reihe

Pleite und ohne Aussicht auf ein festes Engagement schlägt sich Tänzer Boris mit Nebenjobs durch und auch sein Liebesleben läuft alles andere als rund. Als er sich notgedrungen als Fitnesstrainer in einem Kraftstudio bewirbt, ahnt er noch nicht, dass sein Leben bald völlig auf den Kopf gestellt wird. Denn er hat nicht nur Probleme mit dem viel zu dominanten Studiobesitzer Kai, sondern auch eine Vergangenheit, die ihn unverhofft einzuholen droht…

Print: EUR 14,95
Ebook: EUR 8,99
ISBN-13: 978-3942451277
Umfang: 512 Seiten
Publisher: Cursed Verlag
Erscheinungsdatum: 28.10.2013
Genre: BDSM, Erotik

Suboptimal – Kinky Pleasures Band 2

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Weitere Bücher aus der Reihe:
Strawberry Kiss – Kinky Pleasures Band 1
Off Switch - Kinky Pleasures Bd. 3
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Auszug:

Als ich wieder aus der Umkleide trete, ist Leon tatsächlich da. Kai und Yvonne ebenfalls. Sie stehen um ihn herum und schirmen ihn vor meinem Blick ab. Leise reden sie auf ihn ein, was mir irgendwie suggeriert, mich besser nicht bemerkbar zu machen. Dann sehe ich jedoch Leons Gesicht und erstarre. Eins seiner Augen ist geschwollen. Außerdem hat er aus Nase und Mund geblutet. Scheiße. Ich wende meinen Blick ab. In mir bildet sich eine leichte Übelkeit und salziger Speichel sammelt sich in meinem Mund, den ich mühsam hinunterschlucke.

»Wer war das, Leon?«, erkundigt sich Kai bei seinem Freund. Demnach war er es immerhin nicht. Gut. Mein erster böser Verdacht löst sich damit auf. Andernfalls hätte ich ihm in die Eier getreten und auf den Job gepfiffen. »Steffen? Ingo?«

Leon schüttelt nur den Kopf. Er hält den Blick gesenkt. Es bringt gar nichts, was sie da machen. So auf ihn einzudringen. Er zieht sich immer mehr in sich selbst zurück. Vielleicht steht er unter Schock.

Seufzend breche ich durch die beiden Schutzmauern, die Kai und Yvonne darzustellen scheinen, und schnappe mir Leons Handgelenk. »Das sieht furchtbar aus, Süßer«, sage ich leise zu ihm und ziehe ihn mit mir. »Komm, wir machen das erst mal sauber. Dann kannst du den beiden immer noch sagen, was passiert ist.« Ich sehe Kai böse an. Kerle, wie er… »Ich fange meinen Kurs zehn Minuten später an.«

Kai nickt verdutzt.

Leon lässt sich nachgiebig in die Umkleidekabine für Angestellte mitziehen. Dort setze ich ihn auf die Bank und mache ein Handtuch nass, um ihm erst einmal das Blut aus dem Gesicht zu waschen. Das verursacht mir immer noch leichte Übelkeit.

»Ich kann kein Blut sehen. Erst recht nicht bei anderen.«

»Sorry«, murmelt Leon und weicht meinem Blick verlegen aus.

»Ist wohl kaum deine Schuld, Süßer«, beruhige ich ihn.

Er nickt gehorsam. Ich sehe aber, dass ich damit nicht zu ihm durchgedrungen bin. Bedrückt hole ich Luft und streiche ihm durchs Haar. »Habt ihr was zum Kühlen hier? Wir müssen was auf dein Auge packen, damit es nicht ganz zuschwillt.«

»Ich hol was«, sagt Kais Stimme von der Tür. Bisher habe ich ihn ignoriert, aber mir war bewusst, dass er uns gefolgt ist.

Jetzt, da wir allein sind, wage ich es, noch ein wenig offener mit Leon zu reden. »Du kannst mir in die Augen sehen, wenn wir miteinander sprechen. Ich bin kein Dom, Leon.«

»Du bist nicht mal in der Szene«, haucht Leon, sieht aber immer noch nicht auf.

»Nein, zum Glück nicht. Also, was ist schiefgelaufen? Wieso war der Kerl, der das getan hat, so gereizt?«

»Er ist eifersüchtig«, murmelt Leon undeutlich. »Ich habe keinen festen Dom. Er will es sein, aber ich hätte lieber… jemand anderes. Als ich ihm das gesagt habe – außerhalb der Session natürlich –, ist er aggressiv geworden.«

»Oh, Junge«, seufze ich. »Du triffst dich nicht noch mal mit ihm, oder?«

»Nein.«

»Gut.« Ich packe das Handtuch beiseite und streiche ihm noch einmal durchs Haar. »Die Nase ist nicht gebrochen, oder? Sieht noch gerade aus.«

»Nein, hat geknirscht, aber ich glaube, es waren nur die Knorpel.«

»Und in deinem Mund? Blutet da noch was? Alle Zähne beisammen?«

Er nickt. »Alles okay.«

»Hat er noch woanders hingeschlagen als ins Gesicht?«

Er schüttelt den Kopf.

»Meinst du nicht, du solltest Kai sagen, wer es war? Falls der Typ, der das gemacht hat, noch nicht genug hat?«

»Nein, er kennt ihn. Das ist nicht gut…«

»Meinst du, die beiden halten zusammen?« Ich runzle die Stirn.

»Nein… Keine Ahnung… Ich will nicht, dass Kai es weiß.« Jetzt trifft mich doch Leons abwägender Blick. »Wieso…«

»Was?«

»Wieso bist du so cool damit?«

»Womit?«

»Na, hiermit. Dass ich mich dominieren lasse.« Leon zuckt mit den Schultern. »Du stellst keine dummen Fragen und bist nicht so schockiert, wie die meisten es wären.«

Darauf zucke ich nur mit den Schultern. »Ich finde, es steht niemandem zu, jemanden aufgrund seiner Bedürfnisse zu verurteilen. Wenn du darauf stehst, dominiert zu werden – das ist dein Ding. Solange du mehr Glück hast als heute und dir keine brutalen Doms aussuchst, die sich nicht unter Kontrolle haben…«

»Er ist normalerweise nicht so.«

»Ich würde es nicht noch einmal darauf ankommen lassen. Wenn er das einmal macht, passiert es auch ein zweites Mal.«

»Keine Sorge, ich… bin fertig mit ihm«, verspricht Leon zögernd.

»Hoffe ich für dich.«

»Hier, das Kühlpaket«, kündigt sich Kai an, als er die Umkleide betritt. Er wirkt gefasster, als er sich uns nähert und Leon den blauen Gelbeutel reicht. Zu mir meint er dann: »Ich kann mich jetzt um Leon kümmern. Du solltest den Kurs nicht noch länger warten lassen…«

»Okay, aber ich frag Leon nachher, ob du lieb zu ihm warst«, warne ich ihn, während ich aufstehe. Ich erhalte jedoch von keinem der beiden eine Reaktion darauf. Na, wenn ich das richtig verstanden habe, will Leon Kais Sub sein. Deshalb soll Kai wohl auch nicht wissen, wer der Brutalo war, damit er Leons Gefühle nicht über Umwege erfährt.

»Na, Yvonne, wird wohl nix mehr«, meine ich beiläufig, als ich am Tresen vorbeigehe.

»Nächstes Mal. Bin ja froh, dass der Junge noch aufgetaucht ist«, sagt sie und winkt ab. »Hast du was herausgefunden?«

Ich schüttle den Kopf. »Eifersüchtiger Dumm-Dom, der sich nicht unter Kontrolle hatte.«

»Oh, Scheiße«, seufzt sie und verdreht die Augen. »Wenn Kai herausfindet, wer das war, kann der aber was erleben.«

»Deshalb wird Kai es auch nicht herausfinden.« Ich zucke mit den Schultern und gehe die Treppe hinauf.

Meine Kursteilnehmer warten bereits im Studio auf mich. Ich zähle flüchtig durch und komme auf neunundzwanzig. Also doppelt so viele wie geplant. Es ist eine wild gemischte Truppe. Wir haben hier tatsächlich ziemliche Muskelberge, die üblichen, etwas Molligen, aber auch die schmalen, drahtigen Typen. Die Frauen sind auch recht unterschiedlich: Mädels mit einem Kreuz so breit wie mein eigenes und auf der anderen Seite ist da ein blondes Barbiepüppchen. Kurz gesagt: Ich bin überrascht, wie bunt gesät Kais Kundschaft ist.

»Hallo!«, grüße ich in die Runde, während ich den CD-Player ansteuere. Meine Rock-CD ist leider noch nicht fertig, obwohl ich sie gleich am Sonntag bei André in Auftrag gegeben habe. Diese Stunde müssen wir noch mit dem üblichen Techno-Mix durchhalten. »Ich bin Boris und normalerweise pünktlicher.«

»Ja, ja… Aber der erste Eindruck entscheidet!«, neckt mich ein schwarzhaariger Mann Anfang dreißig. Er sieht ganz gut aus. Seine Nase gefällt mir. Sie hat irgendwie Charakter. Schmal, lang und leicht gebogen.

Ich grinse in seine Richtung, übergehe jedoch seinen Kommentar und mache mit der Einführung in meinen Kurs weiter. Dabei und auch während des gesamten Kurses habe ich für ihn mehr Blicke übrig als für den Rest. Zu meinem äußersten Behagen springt er darauf an und flirtet mit Blicken zurück. Es ist daher nicht überraschend, dass er, als die anderen Kursteilnehmer den Raum – teilweise kriechend – verlassen, auf mich zukommt.

»Hey, das hat Spaß gemacht«, meint er. Sein Shirt klebt feucht an seiner muskulösen Brust. Er hat sich definitiv sehr ins Zeug gelegt, um mich zu beeindrucken. Aber auch er wirkt ziemlich erschöpft.

»Freut mich«, antworte ich lächelnd und löse meinen Blick von seinem Shirt. »Nicht zu anstrengend?«

»Nein, es war echt gut. Anstrengend genug, sodass man sich gefordert gefühlt hat, aber nicht so sehr, dass es einen gequält hätte«, erklärt er. »Sind die anderen Kurse, die du geben wirst, auch so?«

»Hm… Nicht ganz… Der hier soll schon am meisten auspowern.« Ich zucke mit den Schultern. »Der Fitnesskurs zielt auch noch auf die Kondition, aber nicht so auf die Kraft. Bei Aerobic geht es eher um die Koordination mit Ausdauer. Und dann habe ich noch den üblichen Bauch-Beine-Po-Kurs.« Ich lasse meinen Blick an ihm hinabgleiten. »Den brauchst du aber wohl nicht.«

»Danke.« Er lacht leise auf. »Ich bin übrigens Dirk.«

»Hi, Dirk.« Meinen Namen kennt er ja schon.

Wir grinsen uns spekulativ an. Dann gibt er sich einen Ruck. »Ähm… ich gehe erst mal duschen… aber hast du heute Abend noch was vor?«

Das war jetzt fast ein wenig zu direkt. Wobei er natürlich auch meinen könnte, dass er nur einen Kaffee mit mir trinken möchte. Ich denke aber nicht, dass mir der Sinn nach Kaffee steht. »Ich –«

Plötzlich unterbricht uns Kais Stimme vom Eingang. »Boris, kann ich dich mal kurz sprechen.«

Der hat echt ein beschissenes Timing. Überrumpelt wende ich mich zu ihm um. Kai wirkt grimmig. Allerdings tut er das ja meistens. Vielleicht geht es um Leon. Es würde mich interessieren, ob Kai noch etwas herausgefunden hat.

Entschuldigend wende ich mich an Dirk. »Sorry, der Chef ruft.«

Und vor dem will ich nicht unbedingt einen Fick vereinbaren… Ich zwinkere Dirk verschmitzt zu, um ihm zu signalisieren, dass das Thema für mich noch nicht abgeschlossen ist, und schnappe mir auf dem Weg zu Kai, der immer noch missmutig an der Tür verharrt, meine Wasserflasche.

Jetzt löst er sich aus seiner Position und deutet mir mit einem Kopfnicken an, ihm ins Büro zu folgen. Oh, das wirkt ja ganz offiziell. In dem Fall hätte ich gerne vorher geduscht. Karate-Aerobic, oder wie man es auch immer nennen mag, ist auch für mich schweißtreibend.

»Was gibt’s denn?«, erkundige ich mich, als ich hinter mir seine Tür schließe. »Alles okay mit Leon?«

»Ja, ich habe ihn nach Hause geschickt, nachdem er sich beruhigt hatte.«

»Hältst du es für klug, ihn alleine zu lassen, nach der Attacke?«

»Nein, aber ich weiß, dass er in einer netten WG wohnt.« Kai wirkt immer noch grimmig. »Und ich habe seine Mitbewohnerin angerufen und gefragt, ob sie da ist und Zeit hat, sich um ihn zu kümmern.«

»Oh, okay.« Richtig aufmerksam von ihm. Aber er muss sich nicht gleich rechtfertigen. Ich seufze innerlich. Ist es so unmöglich für uns, eine normale Unterhaltung zu führen, die nichts mit Arbeiten zu tun hat? Anscheinend. »Also?«

»Ich möchte nicht, dass du etwas mit Kursteilnehmern anfängst«, verlangt er schlicht. »Ist nicht die Art von Professionalität, die ich mir wünsche.«

Meine Augen weiten sich, als ich abrupt zu ihm aufsehe. Nicht die Art von Professionalität…?! Das klingt beinahe beleidigend. Als wäre ich ein Stricher, wenn ich auf Dirks Angebot eingegangen wäre. Was bildet dieser Kerl sich eigentlich ein, wer er ist? Das geht ihn doch überhaupt nichts an!

»Ich meine, Flirten ist okay«, ergänzt er noch, während er meinen Blick unnachgiebig erwidert. »Nur mit ihnen unter die Dusche hüpfen und darauf Folgendes würde ich mir gerne verbitten.«

Fassungslos starre ich zurück. Oh Gott, der Mann reizt mich jedes Mal bis aufs Blut mit seinen beschissenen Forderungen. Verbitten. Ha!

»Heißt das, du feuerst mich, wenn ich Sex mit meinen Kursteilnehmern habe?«

»Nun, das wird nicht nötig sein«, erwidert er überheblich. »Bisher hast du den Job ja nicht einmal.« Um seinen Mund bildet sich ein harter Zug. Etwas in seinen dunklen Augen duldet keinen Widerspruch. Jetzt sind sie fast schwarz.

Ich muss mit meiner ganzen Willenskraft dagegen ankämpfen, meinen Blick nicht zu senken. In mir brodelt es. Ich bin kurz davor, ihm zu sagen, dass er sich den Scheißjob in die Haare schmieren kann. Allerdings brauche ich ihn. Es sind 320 Euro haben oder nicht haben. Vermutlich werden es sogar mehr als 320 Euro nach diesem Monat Probezeit.

Ich atme einmal tief durch und versuche, mich dabei wieder zu entspannen. Es bringt nichts, wenn ich ihm jetzt an die Gurgel springe. Damit schade ich mir nur selbst. »Das stand nicht im Arbeitsvertrag.«

»Hmpf.« Sein Blick bleibt weiter auf mich gerichtet. Immer noch so hart. »Hättest du den andernfalls nicht unterschrieben? Es gehört zur Ethik der Mitarbeiter hier. Piet, Yvonne, Leon und ich halten uns auch daran.«

Vielleicht werdet ihr auch einfach nicht von so heißen Typen wie Dirk angemacht. Piet kenne ich, nebenbei bemerkt, immer noch nicht. »Es ist nicht so, als würde es dich etwas angehen, was ich in meiner Freizeit tue oder mit wem ich ins Bett gehe. Aber gut, ich werde niemanden aus dem Studio mit nach Hause nehmen.« Was nicht bedeutet, dass ich sie nicht an einem anderen Ort treffen und dann mit zu ihnen nach Hause gehen könnte.

»Andernfalls würde es sich schnell herumsprechen…« Sein rechtes Auge verengt sich leicht. Die Botschaft ist deutlich: Egal, wo ich mich mit Dirk treffe, sobald er davon erfährt, wird er die nötigen Konsequenzen daraus ziehen.

Ich fühle mich durchschaut und irgendwie überfordert. Es gibt gegen ihn einfach kein Ankommen. Am liebsten würde ich frustriert schreien. Das Schlimme ist, dass mir sein strenger Blick beinahe physische Schmerzen bereitet. Seine Augen sind so dunkel und ich spüre ihren Kontakt mit meinen sehr intensiv… Es ist unerträglich. Dabei möchte ich nicht nachgeben und fühle mich wie ein Verlierer, als ich den Blick schließlich doch senke.

»Gut, war’s das, was du wolltest?«

»Ja.« In seiner Stimme schwingt tatsächlich eine tiefe Befriedigung mit. Es muss ihm echt einer dabei abgehen, dass ich mich seinem Blick und Willen gebeugt habe. »Das heißt, zum Teil. Hast du den Arbeitsvertrag dabei?«

»Nein, vergessen. Sorry.«

»Nicht so schlimm, bring ihn aber auf jeden Fall am Donnerstag mit«, bittet er und zögert, ehe er sich erkundigt: »Hat Leon zu dir noch etwas gesagt wegen… was genau passiert ist?«

»Nein.« Und wenn doch, dann hat Leon es mir gesagt und nicht ihm.

»Gar nichts?«, hakt Kai nach.

Ich schüttle den Kopf. Den Blick nun wohlweislich gesenkt. Es geht ihn nichts an. Wenn Leon ihm noch weniger erzählt hat als mir, dann aus gutem Grund.

»Hm, okay.« Er scheint unzufrieden. »Hältst du es für wahrscheinlich, dass er noch einmal zu dem Kerl geht, der ihm das angetan hat?«

»Nein, er ist ja nicht doof.«

»Okay…« Kai seufzt leise. »Das wäre dann tatsächlich alles für heute. Hat dir der Kurs Spaß gemacht?«

»Ja.« Bis er mir den Spaß verdorben hast.

»Gut.« Er seufzt. »Kannst duschen gehen…«

Ohne ein weiteres Wort mache ich auf dem Absatz kehrt und stürme aus seinem Büro. Ich frage mich, weshalb ich eben überhaupt auf seine Erlaubnis gewartet habe. Demnächst gewöhne ich mir an, ihn Sir zu nennen. Wütend über mein eigenes Verhalten, aber vor allem auf ihn, stampfe ich die Treppe hinunter zum Umkleideraum.

»Oh, oh…« Yvonne richtet sich aufmerksam auf, als sie mich sieht. »Was hat er jetzt schon wieder gemacht?«

Ich hebe die Schultern, während sich mein Mundwinkel verzieht. »Nix.«

»Ja klar…« Sie lächelt erheitert. »Nimm’s ihm nicht krumm. Er ist eben –«

»… scheiße dominant?«, schlage ich vor und verschwinde in der Umkleide für Angestellte. Ich bin wirklich genervt. Jetzt muss ich Dirk auch noch erklären, warum ich es mir anders überlegt habe. Dabei habe ich es mir gar nicht anders überlegt. Frustriert steige ich unter die Dusche und seife mich ab.

Hoffentlich hat Dirk keine Lust gehabt, zu warten, das würde mir zumindest die Peinlichkeit ersparen. Es passiert mir nicht oft, dass mir jemand aus einem meiner Kurse gefällt und er mein Interesse auch noch erwidert. Okay, mit Marco ist es ähnlich gewesen, aber Dirk scheint mir viel interessanter. Jetzt passiert es mir also und ich darf nicht? Was soll der Scheiß?

Immer noch missgelaunt verlasse ich schließlich die Umkleide. Diesmal lässt sich Yvonne nicht so schnell abspeisen. Als ich an ihr vorbeigehe, schnappt sie mich am Arm und hält mich fest. Ihre gezupften Brauen sind fragend erhoben. »Also?«

»Was?«

»Ach, komm schon, es ist bereits das zweite Mal, dass ich dich so angefressen aus einem Gespräch mit Kai kommen sehe.« Sie seufzt. »Ich weiß, dass er sehr bestimmend sein kann und nicht jeder damit klarkommt. Aber normalerweise dauert es ein bisschen länger, ehe sich jemand so daran stört.«

»Es stört mich, aber keine Sorge, ich komme damit klar«, versichere ich ihr und presse die Lippen kurz aufeinander. »Hast du mitbekommen, ob Dirk schon gegangen ist?«

»Ja, der ist schon… Oh.« Plötzlich grinst sie wissend. »Hat Kai dir von unserer Regel bezüglich der Mitglieder erzählt?«

»Erzählt ist gut …« Ich sehe auf ihre starke Hand. »War’s das? Lässt du mich los?«

»Nein.« Yvonne grinst mich herausfordernd an. »Nicht, bevor wir etwas geklärt haben. Komm, setz dich zu mir.«

Seufzend lasse ich mich hinter den Tresen ziehen und setze mich auf einen der beiden Barhocker dort. Sie platziert sich auf den daneben. Ich sehe ein bisschen ungeduldig auf meine Uhr. »Gut, ich höre.«

»Nein, ich höre«, entgegnet sie. »Weißt du, ich bin Teilhaberin des Studios und es ist mir wichtig, dass wir uns alle gut verstehen. Ich denke, du hast kein Problem mit mir, das finde ich sehr sympathisch, und wie du vorhin mit Leon umgegangen bist, war auch großartig. Und das, obwohl du ihn gar nicht kennst, was vielleicht ein Vorteil in der Situation war. Ich denke auch nicht, dass du ein Problem mit Piet hättest, wenn du ihn dann endlich mal kennenlernst. Aber ich habe das Gefühl, dass du ein ernsthaftes Problem mit Kai hast und das schon seit eurem ersten Gespräch.«

Ich versuche, mich an das erste Gespräch zurückzuerinnern, und zucke mit den Schultern. Da habe ich ihn noch für fürchterlich steif und professionell gehalten. Ja, gemocht habe ich ihn da schon nicht. Er war mir von Anfang an zu groß.

»Also? Was hat er gemacht? Ich bin sicher, er hat es nicht so gemeint. Er ist manchmal ein Trampeltier und etwas unbeholfen in seiner Art, mit anderen umzugehen. Insbesondere, wenn er sie nicht versteht.« Sie sieht mich aus ihren blauen Augen prüfend an.

»Ich mag keine Doms. Wenn er aufhört, mich herumzukommandieren, meinen Blick niederzustarren oder auf andere Weise versucht, mich zu dominieren, sollte es deutlich entspannter werden.«

»Er ist aber nun einmal so, das ist nichts, was er abschalten könnte. Aber wieso stört dich das so? Bist du auch ein Dom?«

»Nein, ich habe mit SM nichts am Hut«, entgegne ich ungeduldig. »Ist es so schwer, zu verstehen, dass ich lieber selbst entscheide, was ich tun mag und will?«

»Nun, hier musst du zwangsläufig akzeptieren, dass Kai am längeren Hebel sitzt. Ich kann ihn bitten, dass er darauf achten soll, wie er mit dir umspringt. Allerdings könnt ihr euch nicht wirklich aus dem Weg gehen.«

»Ich will nicht, dass du ihn darauf ansprichst.« Ich würde jetzt wirklich gerne gehen. Mir gefällt es nicht, wie sie mich ansieht. So durchdringend. »Schätze, ich werde mich einfach an seine Art gewöhnen müssen. Mach dir keine Gedanken.«

»Gut, das hoffe ich. Weißt du, Kai mag dich. Sonst hätte er dich nicht eingestellt. Ich fände es schade, wenn ihr euch nicht versteht.« Mit anderen Worten, ich sollte mit ihm klarkommen, weil sonst das Arbeitsklima darunter leidet. Und als Teilhaberin wird sie ein Wörtchen mitzureden haben, ob ich weiter hier arbeiten darf oder nicht.

»Tja, Julian, der mich empfohlen hat, mochte Kai auch«, sage ich notgedrungen. »Ich denke also nicht, dass er ein schlechter Kerl ist.«

»Dann ist es nur seine dominante Ader?«

Ich nicke und rutsche von meinem Stuhl. »Wie gesagt, ich versuche, mich daran zu gewöhnen.«

»Und nur, damit das klar ist: Kai würde das, was Leon heute widerfahren ist, nie machen«, sagt Yvonne noch. »Er ist kein Dumm-Dom. Im Gegenteil.«

»Schon klar, kann ich gehen?«, erkundige ich mich. »So gerne ich auch mit dir plausche, ich habe noch eine Verabredung.« Okay, das ist gelogen. Aber wenn ich mich noch länger über Kai unterhalten oder mich diesen Blicken aussetzen muss, drehe ich durch. Sie will Dinge von mir hören, Erklärungen, die sie nichts angehen.

»Klar, Reisende soll man nicht aufhalten. Aber wenn du dich noch mal über Kai ärgerst, oder er irgendetwas von dir verlangt, das du nicht willst, komm einfach zu mir. Ich kann ganz gut mit ihm umgehen.«

»Cool, danke.« Ich erwidere ihr Lächeln und schnappe mir meine Sporttasche. Mit einem letzten Winken verlasse ich das Studio und biege um die Ecke zu meinem Fahrrad.

»Hey, das hat gedauert«, stellt plötzlich eine männliche Stimme hinter mir fest.

Als ich zu ihr herumwirble, erkenne ich Dirk. Oh, Scheiße. Wäre auch zu schön gewesen. Ich seufze. »Oh hi, hoffe, du hast nicht auf mich gewartet.«

»Doch, habe ich.« Er legt den Kopf schief und grinst mich an. »Vorhin sah es noch so aus, als könnte es sich lohnen.«

»Hm, vorhin sah die Welt auch noch anders aus«, stimme ich zu. »Leider wurde mir gerade zweimal der Kopf gewaschen.« Ich seufze. »Laut Kai und Yvonne darf ich nichts mit den Kursteilnehmern anfangen.«

»Oh.« So überrascht klingt er nicht. Er lächelt unbekümmert und macht einen Schritt in meine Richtung. »Kein Ding, ich wechsle einfach das Studio.«

Wie süß. Ich muss lachen. »Großartig. Damit rettest du meine Stelle hier bestimmt.«

»Echt, sie schmeißen dich deshalb raus?« Seine Brauen heben sich.

»Ja, beziehungsweise, das hier ist meine Probezeit. Sie müssen mich nicht einmal rausschmeißen.« Ich zucke mit den Schultern. »Sorry, dumm gelaufen. Ich brauche den Job.«

»Hm, okay.« Dirk schiebt seine Hände in seine Hosentaschen und lächelt mich wieder so hintergründig an. »Vielleicht ergibt sich ja noch mal eine Gelegenheit. Würde mich jedenfalls freuen, dich näher kennenzulernen… Dich und diese tollen Shorts, die du anhattest.«

Ich muss einfach zurückgrinsen. »Ja, man weiß ja nie.«

»Tja…« Er zwinkert mir zu, ehe er sich zum Gehen wendet. »Dann auf jeden Fall bis nächste Woche.«

»Ja, bis dann.« Ich sehe ihm nach und ärgere mich noch mehr über Kais Verbot. Dirk scheint ein netter Kerl zu sein. Klar geht es vorrangig um Sex. Aber mehr will ich momentan auch nicht. Verdammt. Seufzend wende ich mich um und gehe zu meinem Fahrrad. Inzwischen ist es dunkel geworden und hier hinten kommt das Licht der Straßenbeleuchtung kaum an. Ich muss mich langsam vortasten und mich mehr auf meine nicht sehenden Sinne verlassen.

»… was ich sage, ist nur, dass du ein wenig rücksichtsvoller sein sollst«, vernehme ich unvermutet Yvonnes Stimme über mir. Als ich aufblicke, sehe ich, dass im oberen Stockwerk zwei Fenster erhellt sind und eines von ihnen auf Kipp steht. Es muss Kais Büro sein.

»Ich habe gar nichts gemacht«, entgegnet Kais tiefe Stimme.

»Du sagst ihm, was er tun soll, dabei ist offensichtlich, dass er ziemlich allergisch darauf reagiert.«

»Na klar sage ich, was er tun soll. Ich bin sein Boss.«

»Ja, aber…« Sie stöhnt. »Hast du schon mal versucht, ihn um etwas zu bitten oder deine Befehle in Form von Vorschlägen zu unterbreiten? So machen das moderne Chefs heutzutage. Er ist kein Sub. Natürlich fühlt er sich da bevormundet, wenn du ihm nie eine Wahl lässt.«

»Er ist ein Sub.«

»Bitte?«

»Er ist ein Sub«, wiederholt Kai gelassen.

Ich stehe inzwischen vor meinem Fahrrad, kann mich aber nicht mehr bewegen, obwohl mein ganzer Körper auf Flucht ausgerichtet ist. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Die reden über mich!

»Wie kommst du denn bitte darauf?«, erkundigt sich Yvonne verblüfft. Das würde ich auch verdammt gerne wissen. »Der Junge ist kurz davor, dir die Augen auszukratzen, wenn du ihm noch einmal etwas vorschreibst. Das oder er scheißt auf den Job.«

Kai klingt ganz und gar ungerührt. »Eventuell weiß er es noch nicht, aber er hat zumindest die Tendenz. Vielleicht wehrt er sich deshalb so sehr dagegen, weil er merkt, was es mit ihm macht und es nicht einordnen kann. Ich denke jedenfalls, er hat die Veranlagung.«

Ich spüre ein dumpfes Pochen hinter meinen Schläfen. Mechanisch schließe ich mein Fahrrad auf. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich weiß nicht, ob es pure Wut ist oder noch etwas anderes. Jedenfalls bin ich sehr sicher, dass ich große Lust habe, was auch immer es ist, an Kai auszulassen. Das ist nicht besonders devot. Von wegen Sub.

»Unmöglich«, entgegnet Yvonne. »Nicht Boris.«

»Wieso nicht? So wie er mit Leon geredet hat, hatte er eventuell sogar schon erste Einblicke in die Richtung.«

»Weil er absolut freiheitsliebend ist«, erklärt Yvonne. »Der beugt sich vor niemandem. Ich vermute eher, dass es mit deinen Wunschvorstellungen zu tun hat.«

»Wunschvorstellungen?«, wiederholt Kai belustigt.

»Er entspricht deinem Typ…«

»Kann mich nicht daran erinnern, dass mein Typ ein ungeschliffener, rebellischer Sub ist, der seine wahren Bedürfnisse verleugnet«, entgegnet Kai spöttisch. »Nein. Wirklich nicht.«

Na, Gott sei Dank. Da sind wir uns immerhin einig. Mein Typ bist du nämlich auch nicht, du selbstgerechtes, blödes Arschloch!

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